Den Kopf im Kissen, den Körper im Schlaf. Ich beobachtete. Eine Ameise. Sie war winzig klein. Mit dem Finger zerquetschte ich sie auf dem Boden. Einfach so. Nur zum Spaß. Weil ich es konnte. Weil ich es wollte. Ihr Leben – nein ihr Tod – gehörte nun mir. Ich lächelte. Dann stand ich auf und ging und wollte nie wieder einen Gedanken an sie verschwenden.
Jetzt lehne ich auf einer schwarzen Liege, das leichte Summen der Tätowiermaschine säuselt mich in jenen süßlichen Dämmerzustand, der einen unschuldigen Morgen von einer sündigen Nacht trennt. Neonlicht meiner Gedanken flackert über mir. An den Wänden hängen Fotos von Tattoos und ihren Trägern. Dazwischen ein Geweih aus brüchigem Horn. In einem Regal schmiegen sich abgegriffene Buchrücken aneinander, Bildbände von Vögeln, Tigern, Schlangen und Insekten. Ich kneife die Augen zusammen, nicht aus Schmerz. Die Luft ist zu trocken. Auf der Innenseite meines Oberarms lebt nun die Ameise weiter, gefangen in einer Schleife aus Unendlichkeit. Sie ist so klein. Sie läuft im Kreis, immer und immer wieder und findet keinen Ausweg. Nun gehört sie mir endgültig. Mit dem Finger streiche ich über ihren Körper, fahre die Lemniskate entlang. Eine kleine Melodie durchflötet meinen Schädel. Gedankenvögel mit scharfen Zähnen. Erinnerungen und schlechter Geschmack kriechen in mich hinein wie Schlangen mit Metallschuppen. Knorpelfische fletschen ihre Federn. Und der Haifisch, der trägt Kräne. Wenn ich jemanden töten könnte, wie würde das aussehen? Wie würde es schmecken, wie riechen und welche Töne würde es zaubern? Wäre es Melodie oder Tinnitus? Wäre es Lilie oder Stapelia? Würde sich ein Kolibri daran ergötzen oder nur ein Haufen Aasfliegen daran zugrunde gehen?
Ich schließe die Augen und taste mich Stufen hinauf, die mich zu einem Liebherr Kranhaus führen. Kilometer über der Erde sitzend steht jemand tief unter mir. Ein nackter Witz in Gummistiefeln, die sich mit Urin füllen. Grün. Galle. Gülleessenz poröser Eingeweide, gepinkelt aus einem krummen Lurch. Es stinkt zum Himmel, vertreibt die Wolken. Die Sonne bricht hervor und kotzt golden auf das krumme Männchen. Und der Kran, der reißt sein Maul auf, ausgehungert nach Eisensaft. Ich lass ihn walten, sehe mich schalten, Knöpfe drücken, Hebel kippen. Der Krahn senkt den Kopf und beißt sich in dem nackten Männchen fest, hackt, reißt, schmatzt, kaut. Spuckt es molekuliert über den Boden. Mit spitzen Lippen pfeife ich dazu, schnippe lustig mit den Fingern im Rhythmus, ertappe meinen linken Fuß heiter wippend. Welch zauberhafte Melodie! Zu töten klingt so heiter in meinen Ohren – ein Orchester aus Triangeln. Metallisches Gezwitscher. Zuckerguss für meine Hörschnecke. Sahnehäubchen auf meinem Pflaumenstrudel.
Stunden später trocknen Krümel menschlicher Hinterlassenschaften im Wind und ein süßer Orgasmus vertreibt sich die Zeit in meinen Unterleib.
… Ich denke, was ich will und was mich beglücket, doch alles in der Still’ und wie es sich schicket. Mein Wunsch und Begehren kann niemand verwehren, es bleibet dabei: Meine Gedanken sind Hai …
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