Rentier ist nicht mehr,
in diesem Jahr muss Neues her:
Drum nehm‘ ich Hirsch,
der schaut auch netter,
vor allem bei dem Frühlingswetter.
weihnachten
Fräulein Müllers Gespür fürs Reh
schreibchenweiseEin Weihnachtsrezept zum Nachkochen, für alle, die mal etwas Besonderes wollen…
„Ilse, wann ist das Essen endlich auf dem Tisch, was dauert da bloß immer so lange bei dir?“
Drei Tage zuvor
Fräulein Müller nahm einen großen Schluck aus der Rotweinflasche, bevor sie den verbleibenden Inhalt über die bereits klein gehackten Karotten, den in Streifen geschnittenen Sellerie und die gewürfelten Zwiebeln goss. Fein säuberlich verstreute sie Nelken dazu, ließ liebevoll einige Lorbeerblätter in das Weinbett gleiten und rundete die Beize mit einem guten Löffel Wacholderbeeren ab. Ganz so, wie ihre Mutter es ihr gezeigt hatte.
Der Rotwein kroch ihren Rachen herunter. Ihre Zunge pelzte ein wenig. Aber auch dagegen gab es ein Rezept. Und auch das hatte sie von ihrer Mutter. „Es kommt immer auf die richtigen Zutaten an und auf das weibliche Geschick, diese in der richtigen Menge zu einem Ganzen zusammenzubringen, als hätte alles schon immer genau so zusammen gehört.“ Mutter Müller war eine geschickte Hausfrau gewesen, bevor sie vor Gram über ihr eigenes Unglücklich aus dem Leben schied. Fräulein Müller eiferte ihr nach, so gut sie eben konnte, jedenfalls, was das Hausfrauendasein anbelangte. Sie entwickelte sich zu einer wunderbaren Köchin. Leider kamen nicht viele Mitmenschen in den Genuss ihrer Kunst.
Fräulein Müller steckte sich eine Nelke in den Mund und biss darauf herum. Das aromatische Myrtengewächs verströmte sogleich seine wohltuenden Öle im Mundraum und vertrieb das Pelztier von ihrer Zunge. Aber nur für ein paar Stunden.
Heute
„Es dauert, so lange es eben dauert. Du wolltest doch diesen verdammten Rehbraten.“
Die Beize war ordentlich durchgezogen und hatte die Rehschulter drei volle Tage mit all ihrer aromatischen Liebe verwöhnt und gestreichelt. Fräulein Müller nahm die Schulter aus dem tiefroten Liebesbett, tupfte sie trocken und löste das zart durchwobene Fleisch vom Knochen. Wie gesagt, sie war sehr geschickt darin, selbst dann noch, wenn nebenher eine weitere Rotweinflasche geöffnet und bereits zur Hälfte geleert wurde.
„Scheiße, Weib, ich habe Hunger. Sieh zu, dass dieses verdammte Stück Fleisch endlich in den Ofen kommt, bevor ich dich da reinstecke!“
Da war es wieder, dieses pelzige Tier auf ihrer Zunge. Mit einem weiteren Schluck Rebensaft versuchte sie es zu verdrängen, doch es war zäher als noch drei Tage zuvor. Immer wieder kroch es aus der Speiseröhre zurück auf ihre Zunge um sich dort breit zu machen, während Fräulein Müller das abgetropfte Fleisch mit Küchengarn zusammenband, würzte und in einer Pfanne Öl erhitzte um das satte Bündel von allen Seiten anzubraten. „Du musst das Garn schön fest um das Fleisch binden, dann kannst du es später besser in Scheiben schneiden.“ flüsterte ihr Mutter Müller ins Gehirn.
„Wenn das Scheißvieh nicht bald auf dem Tisch steht, dann geh’ ich rüber zu Achim. Seine Schlampe kocht wenigstens schneller, auch wenn’s genauso schmeckt, wie sie aussieht.“
Das Pelztier war heute einfach nicht von der Zunge zu spülen. Fräulein Müller nahm die angebratene Rehschulter aus dem Bräter, ließ das Öl abtropfen und wickelte sie in Folie, damit sie etwas durchziehen konnte. Dann packte sie eines der scharfen Küchenmesser, hackte weitere Karotten, erwischte ein Stück ihres kleinen Fingers, mischte frische Selleriestreifen dazu und eine Zwiebel, gab alles zusammen mit der angebratenen Rehschulter zurück in den Bräter, löschte das Ensemble mit ein wenig Beize ab und schob den Braten in die vorgeheizte Röhre. Ihr Finger blutete und pochte.
„Ich geh’ jetzt rüber, friss dein Scheißreh alleine.“
Fräulein Müllers Finger pochte nicht mehr ganz so stark, während ihre andere Hand geschickt das Messer führte, mit dem sie das Fleisch von seinen Knochen trennte. Und als sie einige Stunden später die dampfenden Semmelknödel in die Soße stippte, sich dazu eine ordentliche Scheibe Braten in den Mund schob, da war auch das Pelztier von der Zunge verschwunden.
Ja was jetzt, Nikolaus – und wo isser nu?
Pösie für Lieb & BösiAdvent, Advent, der Toast verbrennt
Kaffee wird kalt, das Ei ist hart
Hab wieder am falschen Ende gespart
Jetzt sitze ich bei Lampenschein
Guck blöde in die Röhre rein
Während draußen Regen fällt
Denkt keiner an’ne Weihnachtswelt
Jedenfalls ich nicht!
Mutti sagt: „Zünd Kerzen an
Damit kommt auch Stimmung an“
Will’s versuchen, nehm gleich drei
Und drumherum noch Allerlei
Bisschen Nadeln, ein paar Nüsse
Hab noch alte Negerküsse (reimte sich so schön)
Doch etwas fehlt, das geb’ ich zu
Und zwar was Süßes in `nem Schuh
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