Ich brenne für dich!

schreibchenweise

Valentinstag – kein Tag für verirrte Pralinen aus denen räudige Tauben bereits die Rosinen gepickt haben.

Mit Tränen in den Augen starrt sie auf den schwarzen Fleck, der sich vor ihr krümmt. Sie weint nicht. Ihre Augen reagieren nur auf das Schwelen. Es stinkt, süßlich, hautig, sterbend. Sie denkt an verwahrlostes Blumenwasser. Sie denkt an gammliges Obst. Sie denkt an herrenlose Pizzareste und die Nachgeburt einer Straßenhündin. Sie denkt nicht an ihn.

Ich brenne für dich!

Er war ein hübscher Kerl, hatte ein süßes Lächeln, einen knackigen Hintern. Er war etwas jung vielleicht, aber unverbraucht. Er war keiner dieser coolen Typen, die sich in Bars rumdrückten um Mädchen abzuschleppen. Er war keiner von denen, die gerne damit prahlten, dass sie letzte Nacht wieder zum Schuss gekommen waren ohne auch nur einen Finger zu krümmen. Er sammelte auch keine vergessenen Ohrringe, getragenen Höschen oder Telefonnummern. Nein, er war irgendwie anders. Er war nett.

Sie war es nicht. Sie war ein Miststück. Sie spielte gerne mit dem Feuer. Warum? Das wusste sie selber nicht so genau. Wahrscheinlich war sie einfach nur gelangweilt. Gelangweilt vom Überfluss, von überquellender Farbigkeit, von maßlosen Standards, gelangweilt von geschriebenem Lärm und vertontem Schmerz, gelangweilt von recycelten Massen und individualisierten Uniformen. Sie war gelangweilt von sich selbst.

Und dann traf sie auf ihn, nicht in der Bar, auch nicht auf einer Party. Sie traf ihn einfach so auf der Straße, und es ergoss sich so etwas wie Liebe über den Asphalt. Seine Gegenwart füllte für einen Moment von 97 Tagen Honig in ihre Waben. Sie leckte ihn auf, gierig, unverschämt, exzessiv. Dann war der Honig verbraucht und seine kläglichen Reste verklebten ihr den Kopf. Sie war angewidert, er wollte noch immer Nektar sammeln und Honigtau in sie gießen.

Am Tag 98 entklebt sie sich während er seine Liebe entzündet – mit nur einem Streichholz, mit nur einem Kanister, direkt vor ihren Augen.

Ich brenne für dich!