Da hatte sie uns doch erwischt, die Vulkanwolke. 13 Stunden Gefangenschaft. Mailand hatte ich anders in Erinnerung. Der Dom ganz nett, der Flughafen – Katastrophe. Von allem zu viel oder zu wenig: zu wenig Sitzplätze, zu wenig saubere Toiletten, zu wenig Steckdosen, zu wenig Service. Dafür ein Zuviel an Menschen, zu viel Weißbrot, zu viel schlechte Luft. Schlangen soweit das müde Auge reicht. Anstehen als internationaler Volkssport, Japaner, Russen, Deutsche, Italiener, Spanier, Ägypter… alle gleich, alle wartend, allesamt Schlangenbändiger. Zuerst anstehen, um den Mietwagen zu bekommen, dann anstehen, um ihn wieder loszuwerden. Jetzt, dank Vulkanwolke, anstehen am Check-in, keine Chance. Alle Flüge abgesagt. Nichts geht mehr. Dann wieder anstehen an der Info-Box – ein einzelner alter Mann hinter Glas, die Ruhe in Person, vor ihm die Massen, aufgewühlt, panisch, von aggressiv bis lethargisch – sorry, non informazione. Danke, das hilft uns weiter. Einmal quer durch die Halle, erneuter Informationsversuch eine Etage höher. Erneutes Anstehen am Flugschalter von Air Berlin. Erneutes Warten. BlackBerry am Ohr, vielleicht telefonische Seelsorge über die Air-Berlin-Presse-Hotline möglich… Es tut uns leid, Sie rufen außerhalb unserer Öffnungszeiten an… eher nicht.
Endlich dran. Zauberhaftes Mädchen hinterm Schalter, leider wenig Neues. Sie müssen bitte bis 15 Uhr warten, dann können wir Ihnen eventuell weitere Informationen geben. Aber hier haben Sie als kleine Entschädigung einen Gutschein über einen Imbiss. Vorfreude! Dann… Anstehen an der Snack-Box, einen knittrigen Air-Berlin-Vulkanwolke-Warte-Gutschein über sechs Euro in den ebenso knittrigen Fingern. Flughafenluft macht alt. Warten macht müde. Italiener machen Kaffee.
Ich: Un caffé per favore.
Er gelangweilt: Sandwich and Cola, nothing else.
Ich: Un insalata?
Er: No, Sandwich and Cola.
Ich verzweifelt: Un succo di frutta?
Er, noch etwas weniger freundlich (was schon kaum mehr ging): No! Sandwich and Cola e basta!
Umsonst angestanden. Kurze Pause zum Abreagieren vor der Tür. Rauchschwaden im Gesicht. Hunger im Bauch. Rückkehr ins laute Innere. Diesmal anstehen vor der Steckdose, Handy alle. Halbe Stunde laden, neben mir ein Wartender Anzugträger mit Notebook, von einem Fuß auf den nächsten drippelnd, sein quälender Gesichtsausdruck verrät die Dringlichkeit, mit der er Strom benötigt. Ich überlasse ihm die heiß umkämpfte Steckdose. Einen Apfel, eine halbe Flasche Wasser und zwei tiefe Atemzüge später eine weitere Schlange, diesmal vor der Toilette. Kurz vor dem Ziel, in den Augen schon Tränen, doch die Putzfrau weist mich zurück. Sorry, closed. Ich verstehe nicht genau, warum. Perché? No, no, no toilette here. Alles klar, pullern muss warten.
Endlich die Erlösung, Sitzplatz im Flieger. Stehen wäre deutlich bequemer gewesen. Egal. Zurück in Berlin, anstehen am Kofferband, letzter Koffer meiner. Asche in der Tasche.