Gerade ins Gesicht

schreibchenweise

Das Klingelschild trägt einen neuen Namen und endlich ist es wieder friedlich hier in diesem ordentlichen Haus.

Auf der Pupille blutet Angst. Über dem Auge klafft sich ihr Inneres nach außen. In ihrem Mund stirbt eine Bitte. Und durch seine Fäuste pulsiert Hass. Die Liebe hat er zu Boden gestreckt, sie ging K.o. noch vor der zwölften Runde.

Ein Uniformierter nimmt sich ihrer an, macht Häkchen in Kästchen, nickt, notiert zahnlose Worte. „Ich denke so oft um die Ecke, dass ich eine einfach Gerade nicht erkenne, selbst wenn sie mir direkt ins Gesicht gestreckt wird.“

Obwohl er sich an alle Regeln hielt – erlaubt sind nur Schläge mit geschlossener Faust, auf die Vorderseite des Kopfes, des Halses, des gesamten Korpus bis zur imaginären Gürtellinie am Bauchnabel oder auf die Arme, Schläge unter der Gürtellinie führen zu Punktabzug* – hatte sie ihn disqualifiziert. Und er war zornig.

„Fick dich doch, du Miststück!“ Eine Liebeserklärung klingt anders. Dennoch wird sie bleiben, weil sie hofft. Worauf? Ich weiß es nicht, ich habe nie gefragt, sah nur ihr Gesicht im Hausflur. Schatten um die Augen – Lidschatten. Tiefes Rot auf ihrem Jochbein – Wangenrouge. Tränen aus Staub – Kajal.

Der Ring steht jetzt an einem anderen Ort. Dort wird es Schaulustige und heimliche Zuhörer geben. Wetten werden platziert. Man wird ihr im Hausflur begegnen und sich über ihr Make-Up wundern – von allem ein wenig zu viel. Und man wird schweigen, wie so oft.

*Quelle: Wikipedia